Beschlussbesprechung des BGH
Diesel-Verfahren
– Beschluss des Bundesgerichtshofes vom 08.01.2019 zu Az.: VIII ZR 225/17 –
Sehr geehrte Damen und Herren,
in der vorbezeichneten Angelegenheit wollen wir die verehrte Mandantschaft auf den Beschluss des Bundesgerichtshofes vom 08.01.2019 aufmerksam machen. Zu diesem Beschluss erweisen sich folgende Anmerkungen in Bezug auf Käufer von Diesel-Fahrzeugen als notwendig:
- Mangel bei Diesel-Fahrzeug mit Abschalteinrichtung
In diesem Beschluss vom 08.01.2019 hat der Bundesgerichtshof (BGH) zur Frage der Mängelrüge bei entsprechenden Diesel-Fahrzeugen, die mit einer Abschalteinrichtung vom VW-Konzern versehen worden sind, dargelegt, dass er davon ausgeht, dass ein Fahrzeug nicht frei von Sachmängel sei, wenn bei Übergabe an den Käufer eine den Stickoxid Ausstoß auf dem Prüfstand gegenüber dem normalen Fahrbetrieb reduzierende Abschalteinrichtung im Sinne von Artikel 3 Nr. 10 VO 715/2007/EG vom Hersteller installiert worden sei, die jedoch gemäß Artikel 5 Abs. 2 Satz 1 VO 715/2007/EG unzulässig ist.
- Mängelansprüche und Realisierung
Diese Feststellung, hat weitgehende Bedeutung für sämtliche Diesel-Fahrzeuge, zumindest solche des VW-Konzerns, die mit einer entsprechenden Abschalteinrichtung versehen sind.
2.1 Gefahr einer Betriebsuntersagung für Diesel-PKW
Im Einzelnen geht der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 08.01.2019 davon aus, dass ein Fahrzeug, das mit einer solchen Abschalteinrichtung ausgerüstet ist, nicht frei von Sachmängeln sei und dies zur Folge hätte, dass dem Fahrzeug die Eignung für die gewöhnliche Verwendung im Sinne der Bestimmung § 434 Abs. 1 Satz 2, Nr. 2 BGB fehlt, weil die Gefahr einer Betriebsuntersagung durch die für die Zulassung zum Straßenverkehr zuständige Behörde bestünde und daher bei Gefahrübergang der weitere, ungestörte Betrieb des Fahrzeuges, im öffentlichen Straßenverkehr nicht gewährleistet sei.
2.2 Ersatzlieferung eines mangelfreien Diesel-PKW
Der BGH befasst sich dann mit der Frage, ob eine nach der Bestimmung von § 439 Abs. 1 2. Alternative BGB begehrte Ersatzlieferung einer mangelfreien Sache nach Maßgabe der Bestimmung von § 275 Abs. 1 BGB unmöglich sei. Dies hänge, so der BGH, nicht von der Unterscheidung zwischen Stück- und Gattungskauf ab, sondern vom Inhalt und der Reichweite der vom Verkäufer vertraglich übernommenen Beschaffungspflicht.
2.3 Ersatzbeschaffung durch neues Modell?
Es sei durch interessengerechte Auslegung des Kaufvertrages, seines Inhaltes und seiner Reichweite, sowie der vom Verkäufer übernommenen Beschaffungspflicht zu bestimmen und zu berücksichtigen, dass die Pflicht zur Ersatzbeschaffung gleichartige und gleichwertige Sachen erfasse. Der Anspruch des Käufers auf Ersatzlieferung nach der Bestimmung von § 439 Abs. 1 2. Alternative BGB richte sich dahingehend aus, dass anstelle der ursprünglich gelieferten, mangelhaften Kaufsache nunmehr eine mangelfreie, im Übrigen aber gleichartige und funktionell, sowie vertragsmäßig gleichwertige Sache zu liefern sei. Die Lieferung einer identischen Sache sei nicht erforderlich. Es sei vielmehr darauf abzustellen, ob die Vertragsparteien nach ihrem erkennbaren Willen und dem Vertragszweck die konkrete Leistung als austauschbar angesehen hätten.
2.4 Leistungspflicht nach § 275 Abs. 1 BGB
Der BGH geht in seiner Beurteilung von Mängelansprüchen dann auf die Austauschbarkeit der Leistung ein. Für die Beurteilung der Austauschbarkeit der Leistung sei ein, mit einem Modelwechsel einhergehender, mehr oder weniger großer Änderungsumfang des neuen Fahrzeugmodelles im Vergleich zum Vorgängermodel nach der Interessenlage des Verkäufers eines Neufahrzeuges in der Regel nicht von Belang. Es komme – nicht anders als wenn ein Fahrzeug der vom Käufer erworbenen Modelreihe immer noch lieferbar sei – im Wesentlichen auf die Höhe der Ersatzbeschaffungskosten an.
Diese führten nicht zum Ausschluss der Leistungspflicht nach § 275 Abs. 1 BGB, sondern könnten dem Verkäufer gegebenenfalls unter den im Einzelfall vom Tatrichter festzustellen Voraussetzungen nach der Bestimmung von § 439 Abs. 4 BGB berechtigen, die Ersatzlieferung zu verweigern, sofern diese nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich sein würde.
- Schadenersatzansprüche gegen Hersteller des Diesel-Fabrikates?
Von daher gesehen, ist allen Käufern von betroffenen Modelreihen, – im vorliegenden Fall war ein Neuwagen des Fabrikates „VW Tiguan 2.0 TDI“ mit einem Dieselmotor der Baureihe (EA169) betreffen, anzuraten zu überprüfen, ob ihr Dieselfahrzeug, was sie erworben haben, mit einer entsprechenden Abschalteinrichtung versehen ist. Ist dies der Fall, muss weiter geprüft werden, ob die Möglichkeit besteht, noch Mängelansprüche gegenüber dem Verkäufer geltend zu machen. Diese Prüfung soll umgehend erfolgen, weil, je nachdem ob es sich um ein Neufahrzeug oder um ein Gebrauchtfahrzeug handelt, entsprechende Verjährungsfristen bereits zu laufen begonnen haben. Es können auch Schadenersatzansprüche nach den Bestimmungen der §§ 823 ff. BGB gegen den Hersteller des betreffenden Fabrikates des PKW in Betracht kommen
- Notwendigkeit vorheriger anwaltlicher Beratung bei gerichtlichem Vorgehen!!
In derartigen Fällen können sich betroffenen Mandanten gerne an unsere Kanzlei für eine umfassende Beratung wenden. Auch für einige Dieselmodelle des Fabrikates Mercedes-Benz könnten sich möglicherweise Mängelansprüche ergeben, weil verschiedene Diesel-Modelle der Firma Daimler-Benz offensichtlich mit einer Abgas-Einrichtung versehen sind, die nur in einem gewissen Temperaturfenster die ordnungsgemäße Aufnahme von Stickoxiden gewährleistet, während sie bei anderen Temperaturen diese Abgaseinrichtung keine ausreichende Funktion mehr aufweist.
Es liegen auch hier bereits Urteile des Landgerichtes Stuttgart vor, die eine Feststellung des Mangels dieser Abgas-Einrichtungen bestätigen, jedoch noch nicht rechtskräftig sind. Auch in derartigen Fällen sind wir gerne bereit, betroffene Mandanten, die derartige Diesel-Fahrzeuge der Firma Daimler Benz erworben haben, umfassend und sachgerecht zu beraten.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Rechtsanwalt Dr. Liebenau
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